Die soziale Pflegeversicherung in Deutschland steht 2025 vor einer existenziellen Krise. Angesichts wachsender Finanzierungslücken und steigender Ausgaben warnt DAK-Vorstandschef Andreas Storm vor einem drohenden Kollaps des Systems. Mit einem Zwei-Stufen-Plan und der Forderung nach einem grundlegenden "Reset" der Pflegeversicherung ruft die DAK-Gesundheit Politik und Gesellschaft zu entschlossenem Handeln auf.

ZENTRALE Überblick

  • Defizit der Pflegeversicherung steigt 2025 auf 1,65 Milliarden Euro, bis 2026 auf 3,5 Milliarden Euro erwartet
  • DAK fordert Rückzahlung von 5,2 Milliarden Euro Coronahilfen und eine umfassende Strukturreform
  • Beitragssatzerhöhung auf 3,6 Prozent reicht nicht aus, Bevölkerung fordert grundlegende Neuausrichtung

Finanzielle Lage und Ursachen der Krise

Die Pflegeversicherung verzeichnet 2025 ein Defizit von 1,65 Milliarden Euro - eine Entwicklung, die sich bis 2026 auf 3,5 Milliarden Euro mehr als verdoppeln könnte. Hauptursachen sind der demografische Wandel, steigende Kosten für Pflegekräfte und Einrichtungen sowie die Folgen der Pandemie. Die Beitragserhöhung zu Jahresbeginn um 0,2 Prozentpunkte auf nun 3,6 Prozent bringt nur kurzfristige Entlastung. Die Ausgaben steigen jedoch schneller als die Einnahmen, sodass ohne weitere Maßnahmen eine erneute Beitragserhöhung um mindestens 0,3 Prozentpunkte zum Jahreswechsel 2026 droht.

Sofortmaßnahmen der DAK-Gesundheit

Um die akute Finanzkrise abzufedern, fordert die DAK-Gesundheit die Rückzahlung von 5,2 Milliarden Euro an Coronahilfen, die die Pflegekassen in den Pandemiejahren aus ihren Rücklagen bereitgestellt hatten. Diese Rückerstattung soll in zwei Raten erfolgen: 2,6 Milliarden Euro noch 2025, um eine unterjährige Beitragserhöhung zu vermeiden, und weitere 2,6 Milliarden Euro im Jahr 2026. Zusätzlich schlägt die DAK vor, die Rentenversicherungsbeiträge für pflegende Angehörige künftig aus Steuermitteln zu finanzieren.

Strukturreform und Konzept "Pflegestützpunkt Plus"

Über kurzfristige Finanzhilfen hinaus sieht die DAK einen grundlegenden Reformbedarf. Storm fordert einen "Reset der Pflegeversicherung", um Versorgungssicherheit und Gerechtigkeit langfristig zu gewährleisten. Im Zentrum steht das Konzept "Pflegestützpunkt Plus", das die bisherige Pflegeberatung ausbauen und bundesweit einheitliche Qualitäts- und Qualifikationsstandards schaffen soll. Ziel ist eine engere Begleitung von Pflegebedürftigen, eine stärkere digitale Vernetzung aller Akteure und der Abbau regionaler Unterschiede in der Versorgung.

Gesellschaftliche Erwartungen und Vertrauenskrise

Laut DAK-Pflegereport 2025 fordern 77 Prozent der Bevölkerung eine umfassende Umgestaltung des Pflegesystems. Das Vertrauen in die politische Handlungsfähigkeit ist jedoch stark erschüttert: 85 Prozent der Befragten kritisieren, dass das Thema Pflege politisch zu wenig beachtet wird. Zwei Drittel geben an, sich im Alter keine professionelle Pflege leisten zu können, und 92 Prozent sehen eine gute Pflege künftig vom eigenen Vermögen abhängig.

Reformvorschläge aus Wissenschaft und Praxis

Experten wie Professor Thomas Klie fordern bundesweit einheitliche Standards, die sich an den Lebensrealitäten der Menschen orientieren. Die Beratung soll verstärkt vor Ort und in der Häuslichkeit der Betroffenen stattfinden. Auch Initiativen aus der Praxis schlagen eine Weiterentwicklung der Pflegeversicherung zur Vollversicherung mit begrenzten Eigenanteilen vor, um Pflege wieder bezahlbar zu machen. Diskutiert wird außerdem eine Umfinanzierung ordnungspolitisch falsch zugeordneter Leistungen und eine Modernisierung der Pflegearrangements.

Politische Perspektive und Ausblick

Die Bundesregierung plant, bis Ende 2025 im Rahmen einer Bund-Länder-Kommission eine umfassende Reform der Pflegeversicherung zu erarbeiten. Im Zentrum stehen dabei die nachhaltige Finanzierung, die Begrenzung der Eigenanteile und die Modernisierung der Versorgungsstrukturen. Die aktuellen Entwicklungen zeigen jedoch, dass die Probleme keinen Aufschub dulden und kurzfristige wie langfristige Maßnahmen dringend erforderlich sind.

Wie bewertet die ZENTRALE Community die vorgeschlagenen Sofortmaßnahmen und Reformideen? Welche Erfahrungen und Anregungen gibt es zur Weiterentwicklung der Pflegeversicherung?
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