Die jüngste Analyse des IGES-Instituts im Auftrag des Verbands der Privaten Krankenversicherung (PKV) zeigt, dass die Kosten der Pflegereform in Deutschland deutlich höher ausfallen als ursprünglich vom Bundesgesundheitsministerium prognostiziert. Besonders betroffen sind Beitragszahler mit niedrigem Einkommen, während Haushalte mit größerem Vermögen überproportional profitieren.
ZENTRALE Überblick
- Kosten der Pflegereform bereits dreimal höher als geplant
- Beitragszahler mit niedrigem Einkommen tragen die Hauptlast
- Leistungszuschläge schützen Vermögen wohlhabender Haushalte
Kostenentwicklung der Pflegereform
Die 2022 eingeführten Leistungszuschläge der gesetzlichen Pflegeversicherung sollten Pflegebedürftige vor finanzieller Überforderung schützen. Laut IGES-Studie lagen die tatsächlichen Ausgaben jedoch bereits im ersten Jahr bei 3,6 Milliarden Euro statt der erwarteten 2,5 Milliarden. Im Folgejahr stiegen die Kosten auf 6,4 Milliarden Euro. Bis zum Ende der Legislaturperiode könnten die jährlichen Ausgaben auf bis zu 9,4 Milliarden Euro anwachsen. Damit entwickelt sich die Begrenzung der pflegebedingten Eigenanteile zu einer der teuersten Sozialreformen der letzten Jahre.
Verteilungseffekte und Kritik am Modell
Die Analyse zeigt, dass die Zuschüsse vor allem Haushalten zugutekommen, die mit ihrem Altersvermögen die Eigenanteile auch selbst tragen könnten. Das Medianvermögen der 65- bis 74-Jährigen liegt bei etwa 212.000 Euro. Die IGES-Studie kritisiert, dass die Reform zu einem überproportionalen Schutz von Vermögen und Erbschaften führt, während Menschen mit niedrigem Einkommen durch höhere Sozialversicherungsbeiträge belastet werden.
Systematische Schwächen und politische Forderungen
Die Soziale Pflegeversicherung (SPV) ist als Teilkostenversicherung konzipiert, nicht als Vollkasko-Modell. Der PKV-Verband warnt vor weiteren Leistungsausweitungen und fordert, die Eigenverantwortung der Versicherten zu stärken sowie die private Vorsorge zu fördern. Eine stärkere Begrenzung oder Deckelung der Eigenanteile würde laut IGES-Analyse den Vermögensschutzeffekt für Erben noch verstärken und die Beitragszahler weiter belasten.
Leistungszuschläge im Überblick
Seit 2022 entlastet die Pflegeversicherung Pflegebedürftige in stationären Einrichtungen durch gestaffelte Leistungszuschläge:
- Im ersten Jahr: 15 % des Eigenanteils
- Im zweiten Jahr: 30 %
- Im dritten Jahr: 50 %
- Ab dem vierten Jahr: 75 %
Der durchschnittliche Eigenanteil an den pflegebedingten Kosten liegt 2025 bundesweit bei rund 1.800 Euro pro Monat. Die Zuschläge steigen mit der Dauer des Heimaufenthalts und sollen die finanzielle Belastung der Pflegebedürftigen reduzieren.
Reformbedarf und Ausblick
Um die Pflegeversicherung angesichts des demografischen Wandels zu stabilisieren, empfiehlt der PKV-Verband, die private Vorsorge zu stärken und die Expertise der privaten Krankenversicherung in die Reformkommission einzubringen. Die aktuelle Kostenentwicklung macht deutlich, dass eine grundlegende Reform notwendig ist, um die Generationengerechtigkeit und die Finanzierbarkeit des Systems langfristig zu sichern.