Von den verschmutzten Ozeanen über die Mythen der Überbevölkerung bis zur digitalen Überwachung: Werner Boote zählt zu den wichtigsten investigativen Dokumentarfilmern unserer Zeit.
Der Durchbruch als investigativer Dokumentarfilmer gelang Boote mit Plastic Planet.
Der österreichische Regisseur, Autor und Vortragsredner hat mit seinen Werken Millionen Menschen weltweit erreicht und nicht nur Bewusstsein geschaffen, sondern auch konkrete Veränderungen in Gesetzgebung, Industrie und Gesellschaft angestoßen. Seine Filme verbinden wissenschaftliche Recherche mit persönlicher Neugier und schaffen es, komplexe globale Themen zugänglich und wirksam zu vermitteln.
ZENTRALE Überblick
- Werner Boote wurde am 2. Juni 1965 in Wien geboren und erhielt 2024 das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich
- Plastic Planet gehört zu den erfolgreichsten Dokumentarfilmen weltweit und wurde in über 80 Ländern gezeigt
- Seine Filmografie umfasst über 30 Fernsehfilme, rund 60 Musikvideos und mehrere vielfach prämierte Kinodokumentarfilme
Frühe Jahre und der Weg zum Film
Kindheit mit Laurel und Hardy
Werner Boote wurde am 2. Juni 1965 in Wien geboren. Als Kind faszinierten ihn die Filme von Laurel und Hardy. Unentwegt saß der kleine Werner neben einem ratternden Filmprojektor, der Stummfilme in Postkartengröße an die Wand warf. Diese frühen Erlebnisse prägten seine Leidenschaft für das Medium Film nachhaltig.
Erste Schritte beim ORF
Im Teenageralter jobbte Boote beim ORF als Kabelhalter und lernte dort die vielfältigen Möglichkeiten der audiovisuellen Medien kennen. Diese praktische Erfahrung war der Ausgangspunkt für seinen Entschluss, Filme zu machen. Er arbeitete sich durch verschiedene Film-Departments, von Kamera über Ton und Licht bis zu Produktion und Regie.
Akademische Ausbildung
Das theoretische Fundament holte sich Boote an der Universität Wien, wo er Theaterwissenschaft, Publizistik und Soziologie studierte. Anschließend absolvierte er eine Ausbildung in der Abteilung Film und Fernsehen der Wiener Akademie für Musik und darstellende Kunst. Diese Kombination aus praktischer Erfahrung und akademischer Bildung bildete die Basis für seine spätere Karriere.
Karrierebeginn und erste Erfolge
Zeit in Amsterdam
Von 1993 bis 2002 lebte und arbeitete Werner Boote in Amsterdam. In dieser Phase begann er, eigene Filme zu produzieren. Sein allererster Film Austria Of Contrasts gewann bereits 1993 bei mehreren internationalen Festivals Preise, darunter den Delfin in Biarritz.
Arbeit als Regieassistent
Boote sammelte wertvolle Erfahrungen als langjähriger Regieassistent und Aufnahmeleiter bei renommierten Filmemachern. Er arbeitete mit Ulrich Seidl (Good News, Mit Verlust ist zu rechnen, Tierische Liebe), Robert Dornhelm (Requiem for Dominic, Hotels), Stefano Vanzina (Jack Clementi mit Bud Spencer) und Marvin J. Chomsky zusammen. Als Second Unit Regisseur spezialisierte er sich auf Stunt- und Massenszenen mit bis zu 26.000 Statisten, beispielsweise beim Bibel-Epos Die zehn Gebote von Robert Dornhelm.
Musikvideos und Wirtschaftsfilme
Seit 1993 drehte Boote zahlreiche Musikvideos, darunter Anouk – Sacrifice (1999), für das er den TMF-Award als Best Video of The Year erhielt, sowie Andrea Bocelli – Cieli di Toscana (2002). Seine Filmreihe Opera Quest umfasste Werke wie Der Fliegende Holländer – Feuer und Eis, der die Anerkennung Best Of INPUT erhielt, und Parsifal – Richard Wagner und Indiana Jones (2005). Darüber hinaus produzierte er zahlreiche international preisgekrönte Wirtschaftsfilme und erhielt Auszeichnungen wie zwei Mal den Delfin in Frankreich, den Best Tourism Film of the World, das Certificate For Creative Excellence beim US-Filmfestival und World Medals beim New York Filmfestival.
Durchbruch mit Kurt Rydl
2003 konnte sich Boote mit dem Film Kurt Rydl – Der Gladiator einen Namen machen. Der Film vertrat den ORF bei den Emmy Awards und war bei der FIPA Biarritz für den europäischen Filmpreis nominiert. Dies markierte den Beginn seiner erfolgreichen Dokumentarfilmkarriere.
Die großen gesellschaftskritischen Dokumentarfilme
Plastic Planet (2009)
Der Durchbruch als investigativer Dokumentarfilmer gelang Boote mit Plastic Planet. An diesem Film hatte er rund zehn Jahre gearbeitet.
Die Dokumentation über die Gefahren synthetischer Kunststoffe wurde in über 80 Ländern gezeigt und gilt heute als einer der erfolgreichsten Dokumentarfilme weltweit. Der Film inspirierte Menschen zu einem plastikfreieren Leben und erreichte gesellschaftliche und gesetzliche Veränderungen.
Auszeichnungen für Plastic Planet
Für Plastic Planet erhielt Boote 2010 die Goldene Romy in der Kategorie Bester Kinodokumentarfilm sowie den Umweltmedienpreis der Deutschen Umwelthilfe in der Kategorie Film. Der Film wurde auf über 30 internationalen Festivals gezeigt und erhielt zahlreiche weitere Anerkennungen.
Population Boom (2013)
In Population Boom räumte Boote mit dem festgefahrenen Weltbild der Überbevölkerung auf. Der Film geht der Frage nach, ob die Annahme, es gäbe zu viele Menschen auf der Erde, eine reale Gefahr darstellt oder nicht vielmehr eine Frage der Verteilungsgerechtigkeit ist.
Die zentrale These
Boote kommt zu dem Schluss: Es geht nicht darum, wie viele Menschen es gibt, sondern wie wir miteinander umgehen. Der Film zeigt, dass nicht Überbevölkerung die Existenz der Menschheit bedroht, sondern die Konsummuster der entwickelten Welt und das ständige Streben nach unmittelbarem Profit.
Internationale Premiere und Auszeichnung
Die internationale Premiere fand beim cph:dox Filmfestival in Dänemark statt. Der Film wurde mit dem Green Me Award für den besten grünen Dokumentarfilm in Berlin ausgezeichnet.
Alles unter Kontrolle (2015)
Im Dezember 2015 kam Alles unter Kontrolle in die österreichischen Kinos. In diesem Film thematisiert Boote die allgegenwärtige digitale Überwachung. Er reist um die Welt, um die schöne neue Welt der totalen Kontrolle zu erkunden.
Themen und Fragestellungen
Facebook, Amazon und Google bieten rund um die Uhr Zugang zur bequemen digitalen Welt. Überwachungskameras auf den Straßen sorgen für Sicherheit. Doch wer sammelt eigentlich Fingerabdrücke, Iris-Scans, Online-Shopping-Präferenzen und Social-Media-Beiträge? Kümmern wir uns nicht mehr um unsere Privatsphäre? Boote stellt diese Fragen in seiner charakteristischen charmanten und neugierigen Art.
The Green Lie (2018)
2018 erschien The Green Lie – Die grüne Lüge, den Boote gemeinsam mit der deutschen Autorin und Greenwashing-Expertin Kathrin Hartmann drehte. Der Film beleuchtet, wie Lebensmittelkonzerne ihre Produkte grüner erscheinen lassen, als sie tatsächlich sind.
Weltweite Recherchen
Boote und Hartmann reisen zu den Schauplätzen katastrophaler Umweltzerstörungen: von den Folgen der BP-Ölkatastrophe auf Grand Isle über die durch Palmölkonzerne ausgelösten Regenwaldbrände in Indonesien bis zu den Auswirkungen der Rinderzucht auf indigene Völker in Brasilien.
Premiere und Erfolg
Die Weltpremiere fand auf der Berlinale 2018 statt. Der Film wurde ein Kinoerfolg und gewann zahlreiche Preise, darunter den Green Warsaw Award und den BAFICI Human Rights Award als bester Film. Die Jury des CinemAmbiente Festivals würdigte, dass der Film zeigt, wie man Bürger statt Konsument sein kann.
Kernbotschaft
Der Film macht deutlich, dass nachhaltiger Klima- und Umweltschutz nicht allein durch bewusstere Kaufentscheidungen einzelner Konsumenten erreicht werden kann, sondern politische Regulierung erfordert.
Auszeichnungen und Ehrungen
Nationale und internationale Preise
Werner Bootes Filmografie wurde vielfach ausgezeichnet. Neben den bereits genannten Preisen erhielt er zwei Mal den Delfin in Frankreich, den Best Tourism Film of the World, das Certificate For Creative Excellence beim US-Filmfestival und World Medals beim New York Filmfestival. Seine Wirtschaftsfilme wurden ebenfalls hochdekoriert.
Höchste staatliche Auszeichnung
Am 24. Oktober 2024 erhielt Werner Boote das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich. Die Laudatio hielt Leonore Gewessler, Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie. Sie hob den weltweiten Einfluss von Bootes Werken hervor und betonte, dass er Millionen Menschen inspiriert habe, aktiv für Nachhaltigkeit einzutreten. Seine Filme zeigen nicht nur die Dringlichkeit globaler Herausforderungen, sondern auch sein tiefes Engagement für Wahrheit und soziale Verantwortung.
Arbeitsweise und filmischer Stil
Persönlicher Ansatz
Ein wiederkehrendes Element in Bootes Filmen ist seine persönliche Präsenz. Er tritt selbst als fragender Protagonist auf und führt die Zuschauer durch die Handlung. Wenn ein Dokumentarfilm davon erzählt, dass eine Person nach Antworten sucht, ist es für Boote naheliegend, diese Person auch im Bild zu zeigen und dabei zu beobachten, wie sie die Antwort findet oder nicht.
Das Unmittelbare und Echte
Für Boote stehen das Unmittelbare des Erlebten und das Echte des Augenblicks im Mittelpunkt. Daraus ergibt sich die große Herausforderung, originale Schauplätze im richtigen Moment zu besuchen, den entscheidenden Interviewpartnern die im Moment entlarvenden Fragen zu stellen und dabei so zu sein, wie er ist: ein Filmemacher, den eine komplizierte Frage beschäftigt.
Vergleich mit anderen Dokumentarfilmern
Kritiker vergleichen Bootes Stil oft mit Michael Moore oder Morgan Spurlock. Allerdings vermeidet Boote Dramatik und übertriebene Unterhaltung. Seine Filme wirken wissenschaftlich fundierter und weniger manipulativ, bleiben dabei aber zugänglich und engagiert.
Umfangreiche Filmografie
Bootes Werk umfasst über 30 Fernsehfilme, rund 60 Musikvideos, zahlreiche Wirtschaftsfilme und Werbungen sowie die vielfach international prämierten Kinodokumentarfilme. Er zählt im Genre der Kinodokumentarfilme und TV-Dokumentationen zu den profiliertesten und erfolgreichsten Regisseuren und Autoren Österreichs.
Keynote Speaker und gesellschaftliches Engagement
Vortragsredner
Werner Boote arbeitet auch als Vortragsredner. Die Themen seiner Keynotes sind Nachhaltigkeit, Greenwashing, Plastik, Umweltschutz, Datenschutz und soziale Gerechtigkeit, passend zu seinen erfolgreichen Kinofilmen. Seine Vorträge verbinden persönliche Einblicke aus jahrelanger Recherche mit fundierten Analysen globaler Herausforderungen.
Gesellschaftliche Wirkung
Bootes Filme haben nachweislich Veränderungen bewirkt. Plastic Planet führte zu gesetzlichen Anpassungen in mehreren Ländern und inspirierte unzählige Menschen zu einem bewussteren Umgang mit Kunststoffen. Nach einer Vorführung von The Green Lie entschieden sich beispielsweise Cafébesitzer in Graz dazu, keine Produkte von Nestlé, Unilever und Procter & Gamble mehr zu verwenden.
Aktuelles Projekt
Müssen wir alle sterben?
Mit Unterstützung des Österreichischen Filminstituts arbeitet Werner Boote aktuell an seinem jüngsten Werk mit dem Titel Müssen wir alle sterben?. In diesem Film beleuchtet er die bisherigen fünf großen Artensterben seit der Entstehung von Leben auf der Erde vor 541 Millionen Jahren und stellt die entscheidende Frage, ob das sechste Massensterben womöglich schon im Gange ist.
Weltweite Dreharbeiten
Die Dreharbeiten führen Boote mit seinem Team von Österreich nach Kanada, Australien, Russland, Madagaskar, England, Israel, in die Schweiz und in die USA. Die Fertigstellung des Films ist für 2026 vorgesehen. Das Projekt setzt Bootes Tradition fort, die großen Fußabdrücke der Menschheit auf dem Planeten sowie die Schattenseiten von Wirtschaft und Technologie zu thematisieren.
Leben in Wien
Nach seiner Zeit in Amsterdam von 1993 bis 2002 lebt Werner Boote heute in Wien. Von dort aus entwickelt er seine Projekte, führt Recherchen durch und plant seine weltweiten Dreharbeiten. Seine Arbeit verbindet lokale Verwurzelung mit globalem Blick auf die drängendsten Fragen unserer Zeit.
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