Schmerztherapie zwischen viralem Erfolg und wissenschaftlicher Kritik
Die Liebscher & Bracht Schmerztherapie hat sich in den vergangenen Jahren zu einem der bekanntesten alternativen Schmerzbehandlungskonzepte im deutschsprachigen Raum entwickelt.
Mit über ca. 1,5 Millionen YouTube-Abonnenten und mehr als 3.000 Partner-Therapeuten erreichen Roland Liebscher-Bracht und Dr. med. Petra Bracht Millionen von Menschen mit chronischen Schmerzen. Während Anwender von schnellen Erfolgen berichten, steht die Methode gleichzeitig in der wissenschaftlichen Kritik wegen fehlender unabhängiger Studien und übertriebener Heilungsversprechen.
ZENTRALE Überblick
- Liebscher & Bracht kombiniert Osteopressur, spezielle Dehnübungen und Faszienrollen zur Schmerzbehandlung ohne Medikamente oder Operationen
- Fast 80% der Anwender berichten von Verbesserungen ihrer Beschwerden, wobei die Methode bei 3,5 Millionen chronischen Schmerzpatienten in Deutschland auf große Nachfrage stößt
- Wissenschaftler kritisieren die mangelnde Unabhängigkeit der Studien und Roland Liebscher-Brachts fehlende medizinische Ausbildung als Maschinenbauingenieur
Grundlagen der Liebscher & Bracht Methode
Die Schmerztherapie nach Liebscher & Bracht basiert auf der Grundannahme, dass die meisten Schmerzen durch übermäßige muskuläre und fasziale Spannungen entstehen. Verspannte, verkürzte Muskeln lösen im Gehirn Reaktionsmuster aus, die sich als Schmerz und Blockade in Muskeln und Faszien zeigen.
Das Behandlungskonzept setzt sich aus drei zentralen Bausteinen zusammen:
Osteopressur als Kernbehandlung
Die Osteopressur bildet das Herzstück der Therapie. Durch gezielten Druck auf bestimmte Punkte an der Knochenhaut wird das Schmerzprogramm im Gehirn beeinflusst. Die Methode arbeitet mit einem System von 72 Druckpunkten, die über den gesamten Körper verteilt sind. Diese Technik soll dem Gehirn befehlen, die Bewegungsabläufe in maximaler Geschwindigkeit zu reorganisieren und den Schmerz quasi "loszulassen".
Engpassdehnungen für langfristige Erfolge
Die sogenannten Engpassdehnungen zielen darauf ab, muskuläre Dysbalancen zu beheben. Bereits 20 Minuten täglich reichen aus, um langfristige Schmerzlinderung zu erzielen. Diese Übungen sind primär für die Selbstanwendung zu Hause konzipiert und sollen Patienten befähigen, dauerhaft schmerzfrei zu bleiben.
Faszien-Rollmassagen als Ergänzung
Als dritter Baustein kommen Faszien-Rollmassagen zum Einsatz. Sie verstärken den Effekt der Engpassdehnungen und lockern das Gewebe. Die Massagen sollen die Normalisierung muskulärer und faszialer Spannungen unterstützen.
Entwicklung und Hintergrund der Methode
Roland Liebscher-Bracht, ursprünglich Maschinenbauingenieur, und seine Ehefrau Dr. med. Petra Bracht, eine Ärztin mit Spezialisierung auf Ernährungsmedizin, entwickelten ihre Methode über einen Zeitraum von mehr als 30 Jahren. Roland Liebscher-Bracht brachte sein spezielles Wissen um Rotation, Hebel und Kraftübertragung aus seinem Maschinenbau-Studium in die Therapie ein.
Die Methode hat sich zu einem beachtlichen Geschäftsmodell entwickelt. Die Ausbildung zum Liebscher & Bracht Schmerztherapeuten liegt im vierstelligen Bereich und umfasst eine bis zu zwölfmonatige Betreuung. Eine einzelne Behandlung kostet etwa 179,78 Euro, wobei die gesetzlichen Krankenkassen diese Kosten derzeit nicht übernehmen.
Anwendungsgebiete und Behandlungsablauf
Die Liebscher & Bracht Therapie wird bei verschiedenen Beschwerden des Bewegungsapparats eingesetzt. Dazu gehören Nacken- und Kopfschmerzen, Rückenschmerzen, Ischiasbeschwerden, Hüftschmerzen und Knieprobleme. Auch bei Arthrose und anderen degenerativen Gelenkerkrankungen kommt die Methode zum Einsatz.
Eine Behandlung bei einem zertifizierten Therapeuten dauert etwa 50-60 Minuten. Die Therapie besteht üblicherweise aus drei bis fünf Sitzungen. 90 Prozent der Patienten gehen nach der Behandlung schmerzfrei oder erheblich schmerzärmer nach Hause, so die Angaben der Entwickler.
Wissenschaftliche Einordnung und Kritik
Die Liebscher & Bracht Methode steht zunehmend in der wissenschaftlichen Kritik. Selbst wenn die Methode funktioniert, ist die Wirksamkeit nicht belegt und die Methode damit aus wissenschaftlicher Sicht nicht akzeptiert.
Probleme bei den Studien
Die Studien seien von eigenen Mitarbeitern durchgeführt worden und hätten ihre Therapien oft gar nicht mit einer Kontrollgruppe verglichen, kritisieren WDR-Journalisten. Die sogenannte "Salzburger Kniestudie" erfüllt wichtige wissenschaftliche Kriterien nicht und gilt daher als nicht aussagekräftig.
Professor Dr. Arnold Suda vom Unfallkrankenhaus Salzburg betont, dass das subjektive Gefühl der Patienten, sich besser zu fühlen, nicht ausreichend für den wissenschaftlichen Beleg einer Heilmethode ist.
Fehlende medizinische Qualifikation
Ein zentraler Kritikpunkt betrifft Roland Liebscher-Brachts Qualifikation. Er ist Maschinenbauer ohne medizinische oder therapeutische Ausbildung und darf aufgrund seiner fehlenden Ausbildung in Deutschland überhaupt nicht praktizieren.
Übertriebene Heilungsversprechen
Liebscher und Bracht hatten zeitweise behauptet, Arthrose heilen zu können, wofür belastbare wissenschaftliche Beweise fehlen. Nach juristischen Auseinandersetzungen wurden solche Aussagen teilweise von der Website entfernt.
Wie beliebt ist die Methode?
Trotz der wissenschaftlichen Kritik erfreut sich die Liebscher & Bracht Methode großer Beliebtheit. Der YouTube-Kanal hat über 1,5 Millionen Abonnenten und erreicht regelmäßig Millionen von Aufrufen. Mindestens 3,5 Millionen Menschen leiden in Deutschland an chronischen Schmerzen, während zu wenige Fachkräfte für eine angemessene Versorgung zur Verfügung stehen.
Die Community stellt fest, dass das Erfolgsrezept von Liebscher & Bracht teilweise in der niedrigen Einstiegsschwelle liegt. Anhand der kostenlosen YouTube-Videos kann jeder die Übungen in nur wenigen Minuten zu Hause nachmachen. Die einfache Verfügbarkeit und die Aussicht auf schnelle Hilfe ohne Arztbesuch sprechen viele Schmerzpatienten an.
Die Liebscher & Bracht Methode expandiert auch international. In Indien wurde die Methode von Gurudev Sri Sri Ravi Shankar unterstützt, der die Bedeutung von Praktiken betont, die körperliche und geistige Gesundheit fördern. Die Ausbildung ist in Deutschland, Österreich und der Schweiz zugelassen.
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