Die Jahre 2025/2026 markieren einen Wendepunkt im Software-as-a-Service-Marketing. Was über Jahre hinweg als bewährte Best Practice galt, verliert nun dramatisch an Wirkung.
Organischer Traffic ist eingebrochen, Werbekosten explodieren, und Zielgruppen haben Antikörper gegen KI-generierten Content entwickelt. Unternehmen, die weiterhin auf Strategien aus den letzten Jahren setzen, kämpfen mit sinkenden Conversion-Raten und steigenden Kundenakquisitionskosten. Die Lösung liegt nicht in noch mehr Automatisierung, sondern in der Rückkehr zu fundamentalen Prinzipien.
Authentizität, menschliche Verbindungen und echter Mehrwert.
ZENTRALE Überblick:
- AI Overviews erscheinen in 47 Prozent aller Suchanfragen und senken organische CTRs um bis zu 56 Prozent
- B2B SaaS CPMs steigen auf 55 Dollar Median bei 8 Prozent monatlichem Wachstum
- Cold Email Reply Rates fallen auf 1 bis 5 Prozent bei massiver Inbox-Konkurrenz
Der Kollaps des organischen Traffics
Übersichten mit KI und der KI Modus verändern das Suchverhalten fundamental
Google hat das Spielfeld grundlegend verändert. AI Overviews erscheinen mittlerweile in rund 47 Prozent aller Suchanfragen, ein dramatischer Anstieg von 25 Prozent Mitte 2024. Diese KI-generierten Zusammenfassungen beantworten Nutzerfragen direkt auf der Suchergebnisseite, ohne dass ein Klick auf eine Website nötig ist.
Die Auswirkungen sind verheerend. Eine Ahrefs-Studie mit 300.000 Keywords zeigt einen CTR-Rückgang von 34,5 Prozent für Position 1 in organischen Suchergebnissen, wenn AI Overviews präsent sind. Andere Analysen berichten von noch drastischeren Verlusten: Mail Online verzeichnete einen 56-prozentigen CTR-Rückgang, während einige Publisher Traffic-Einbußen von bis zu 70 Prozent melden.
Die Zahlen aus verschiedenen Branchen illustrieren die ungleiche Verteilung der Auswirkungen. Real Estate sah zwischen Januar und März 2025 einen Anstieg der AI Overview-Präsenz um 258 Prozent, Transportation um 223 Prozent und Catering um 273 Prozent. Besonders hart trifft es informationslastige Websites: Fashion, Travel, DIY und Cooking-Seiten berichten von Traffic-Verlusten zwischen 50 und 70 Prozent.
Zero-Click-Searches als neue Normalität
Mehr als 60 Prozent aller Google-Suchen enden mittlerweile ohne Klick auf ein Ergebnis. Bis Mitte 2025 wird diese Zahl voraussichtlich auf 70 Prozent steigen. Nutzer erhalten ihre Antworten durch Featured Snippets, AI Overviews oder Knowledge Panels direkt auf der Suchergebnisseite.
Eine Pew Research Center Studie belegt, dass Nutzer fast doppelt so selten auf einen Link klicken, wenn ein AI Overview vorhanden ist. Die CTR sinkt von 15 Prozent bei traditionellen SERPs auf 8 Prozent mit AI Overviews. Noch alarmierender: Nur 1 Prozent der Nutzer klicken auf die innerhalb der AI-Zusammenfassungen zitierten Links.
Für SaaS-Unternehmen, die jahrelang in Content Marketing und SEO investiert haben, bedeutet dies einen fundamentalen Strategiewechsel. HubSpot, eine Marke, die ihr Geschäftsmodell auf SEO aufgebaut hat, verzeichnete 2024 einen Traffic-Rückgang von 75 Prozent.
Kostenexplosion beim Advertising
CPM-Entwicklungen erreichen kritische Niveaus
Während organischer Traffic einbricht, weichen Unternehmen massiv auf bezahlte Kanäle aus. Diese erhöhte Nachfrage treibt die Preise in die Höhe. Der Median-CPM für B2B SaaS auf Google Ads liegt bei 55,02 Dollar im April 2025, mit einem monatlichen Anstieg von 8,22 Prozent.
Die generelle Entwicklung seit 2021 zeigt konstante Preissteigerungen. Display Ads kletterten von durchschnittlich 2,80 bis 3,10 Dollar CPM (2021) auf 3,50 bis 3,80 Dollar (2023), ein Anstieg von fast 10 Prozent. Affiliate Marketing verzeichnete im gleichen Zeitraum CPM-Erhöhungen von 12 Prozent.
Besonders dramatisch entwickeln sich die Kosten für spezialisierte Zielgruppen. Snapchat meldete im Juni 2025 einen 47-prozentigen YoY-Anstieg auf 6,43 Dollar CPM. LinkedIn, die bevorzugte Plattform für B2B-Marketing, verlangt signifikant höhere CPMs aufgrund intensiven Wettbewerbs in Tech, Finance und Professional Services.
Cost per Lead steigt kontinuierlich
Der durchschnittliche Cost per Lead über alle Branchen hinweg stieg von 66,69 Dollar (2024) auf 70,11 Dollar (2025), ein Anstieg von 5,13 Prozent. Dieser Anstieg ist moderat im Vergleich zum Vorjahr, als die Kosten um 25 Prozent sprangen, signalisiert aber eine anhaltende Aufwärtsentwicklung.
Branchenspezifische Unterschiede sind erheblich. Während Automotive Repair mit 28,50 Dollar CPL auskommt, zahlen Attorneys & Legal Services durchschnittlich 131,63 Dollar pro Lead. Business Services liegen bei 103,54 Dollar. Diese hohen Kosten rechtfertigen sich nur bei entsprechendem Customer Lifetime Value.
Die Kombination aus sinkenden organischen Reichweiten und steigenden Paid-Kosten zwingt Marketing-Teams zu drastischen Effizienzsteigerungen. Die Kosten pro Akquisition müssen durch verbesserte Conversion-Raten und optimierte Customer Journeys kompensiert werden.
Das Outbound-Dilemma
Cold Email Reply Rates im freien Fall
Cold Emailing, einst ein zuverlässiger Akquisitionskanal, leidet unter massiver Übernutzung und zunehmender Automatisierung. Die durchschnittliche Reply Rate bewegt sich zwischen 1 und 5 Prozent, wobei viele Kampagnen am unteren Ende dieser Spanne landen.
Die Gründe sind vielfältig. Entscheidungsträger erhalten im Durchschnitt über 10 Cold Emails pro Woche, die meisten davon irrelevant. Eine Studie zeigt, dass 71 Prozent der Empfänger Emails wegen mangelnder Relevanz ignorieren. Die Inbox-Konkurrenz ist brutal geworden.
Personalisierte Emails erzielen zwar 32 Prozent höhere Response Rates, aber echte Personalisierung ist zeitaufwändig. Viele Unternehmen setzen daher auf AI SDRs, die LinkedIn-Profile scrapen und automatisch Emails generieren. Das Resultat sind generische Nachrichten, die trotz oberflächlicher Personalisierung durchschaubar wirken.
C-Level Executives reagieren mit 6,4 Prozent etwas besser als durchschnittliche Empfänger und sind damit um 23 Prozent responsiver als Non-C-Suite-Mitarbeiter. Dennoch bedeutet selbst diese erhöhte Quote, dass 93,6 Prozent der Executives nicht antworten.
Der AI SDR-Hype und seine Grenzen
Die Hoffnung vieler Unternehmen lag auf AI-gestützten Sales Development Representatives. Diese Tools versprechen Skalierung ohne proportionale Kostensteigerung. Sie analysieren LinkedIn-Profile, extrahieren Signale aus Social Media und generieren automatisch personalisierte Outreach-Nachrichten.
Die Realität enttäuscht oft. Die meisten AI-generierten Emails basieren auf oberflächlichen Daten und Third-Party-Signalen. Sie erwähnen zwar den Namen des Unternehmens oder ein kürzliches LinkedIn-Posting, wirken aber formuliert und austauschbar. Empfänger entwickeln schnell ein Gespür für diese automatisierte Personalisierung.
Hinzu kommt die schiere Masse. Wenn jedes SaaS-Unternehmen AI SDRs einsetzt, steigt das Email-Volumen exponentiell. Die durchschnittliche Open Rate bei Cold Emails liegt zwar bei 60 Prozent, aber hohe Open Rates ohne entsprechende Reply Rates signalisieren, dass die Botschaft nicht resoniert.
Wende: Was funktioniert stattdessen
Die drastischen Veränderungen bei organischem Traffic, explodierende Werbekosten und versagende Outbound-Strategien zwingen SaaS-Unternehmen zum radikalen Umdenken. Doch welche Alternativen funktionieren tatsächlich noch?
Im zweiten Teil dieser Serie zeigen wir, wie Personal Branding und Community als neue Akquisitionskanäle die Lücken füllen, die traditionelle Kanäle hinterlassen haben.
Wie stark habt ihr den Traffic-Rückgang durch AI Overviews gespürt? Welche Paid-Kanäle funktionieren für euch noch profitabel? Teilt eure Erfahrungen mit der ZENTRALE Community.